Aufmerksame Leser der Wirtschaftspresse kommen derzeit an einem Akronym nicht vorbei – SPAC. Die leeren Börsenmäntel sind keine neue Erfindung – SPACs existieren bereits seit den 1990er Jahren und hatten eine erste Boomphase von 2005 bis zum Beginn der Finanzkrise. Im Zuge der Corona-Pandemie erfreuen sich die Vehikel nun aber neuer Beliebtheit: seit der Finanzkrise wurde jährlich oft nur eine Handvoll SPACs aufgelegt. 2020 stieg das Volumen dann schlagartig auf über 250 neue Registrierungen an – allein im ersten Quartal 2021 wurden nun bereits über 300 der Börsenmäntel lanciert und damit annähernd 90 Mrd. EUR von Investoren eingesammelt.
Was ist ein SPAC?
Ein SPAC (Special Purpose Acquisition Vehicle) ist eine leere Börsenhülle, die ein nicht gelistetes Zielunternehmen erwirbt und so an die Börse bringen soll. Hinter einem SPAC steht in der Regel ein Team aus bekannten und erfahrenen Managern, den sog. Sponsoren. Diese kümmern sich um die Registrierung des Vehikels und sammeln Kapital von institutionellen Investoren (oftmals Hedge Funds) aber auch Privatinvestoren ein – im Schnitt 200-400 Mio. USD pro SPAC. Danach haben die Sponsoren 2 Jahre Zeit, ein adäquates Zielunternehmen zu identifizieren und mit dem SPAC zu verschmelzen. Durch den Zusammenschluss wird das Zielunternehmen zu einem normalen Börsenunternehmen. Die Investoren „wetten“ mit ihrem Geld auf die Fähigkeit des Sponsoren-Teams, das vorab oft nur einen sehr groben Zweck für seinen SPAC angibt (z.B. “Erwerb eines Fintechs in Europa”).
Der Boom der SPACs wird wesentlich getrieben durch die großzügigen Finanzspritzen der Zentralbanken in Folge der Corona-Pandemie: die massive Überliquidität am Markt sucht lohnende Anlageformen und ist so auch wieder auf das altbekannte Thema mit den leeren Börsenmänteln gestoßen.
Aktuell sind SPACs noch hauptsächlich ein US-amerikanisches Thema. Sowohl an der NASDAQ als auch an der New Yorker Börse werden täglich mehrere Vehikel neu registriert. Aber auch in Europa hat das Geschäft mittlerweile an Fahrt aufgenommen. Prominent in der Presse wurde z.B. das Vorhaben von Finanzinvestor Klaus Hommels kommentiert, der im Februar erfolgreich seinen „Lakestar Spac I“ an die Frankfurter Börse gebracht hat. Auch Ex-Commerzbankchef Martin Blessing bereitet einen SPAC-Börsengang an der Euronext in Amsterdam vor.
Für Zielunternehmen stellen die SPACs einen schnellen und gut planbaren Weg an die Börse dar – ein Listing ist hier schon nach 3-4 Monaten möglich, während ein klassischer IPO in der Regel 2-3 Jahre erfordert. Allerdings behalten die Sponsoren in der Regel 20% der Aktien als Vergütung ein – damit sind SPACs für Zielunternehmen deutlich teurer als ein “normaler” Börsengang.
Für Private Equity-Fondsmanager ist der Erfolg der SPACs ein zweischneidiges Schwert:
- Einerseits entsteht hier ein neuer, hoch-liquider Exit-Kanal, der schnell und einfach auch größere Transaktionen möglich macht. So hat z.B. TCV angekündigt, dass sie kurz vor dem Closing mehrerer attraktiver Unternehmensverkäufe an SPAC-Vehikel stehen (weitere Details für unsere TCV-Investoren gerne auf Nachfrage)
- Andererseits erwächst durch die SPACs ein weiterer “Konkurrent”, der um attraktive Deals mitbietet – vor allem im Segment Late Stage-Venture Capital und Growth Capital. Zur Einordnung: aktuell sitzen SPACs auf “Dry Powder” (d.h. investierbarem Kapital) von rund 200 Mrd. EUR – Private Equity-Fonds in den relevanten Segmenten kommen derzeit noch auf rund das 5-fache dieses Werts. Trotzdem dürften die SPACs dazu beitragen, dass Bewertungen auf absehbare Zeit auf ihrem hohen Niveau verharren werden
Ob sich mit den SPACs langfristig eine neue Produktkategorie am Markt etablieren wird, dürfte sich vor allem am finanziellen Erfolg der SPAC-Investoren entscheiden. Laut einer Studie von Bain fällt die Performance der 2020 aufgelegten SPACs etwas besser aus als ein vergleichbarer Aktienindex. Aber zumindest an einem der prominentesten Deals des vergangenen Jahres hatten die Investoren nur wenig Freude: Nikola, der Entwickler von elektrisch betriebenen LKWs, war im März 2020 noch mit einer Bewertung von 29 Mrd. USD an die Börse gestartet – nach mehreren Skandalen hat der Aktienkurs mittlerweile mehr als 80% eingebüßt.