„ESG“ – Private Equity und Nachhaltigkeit?

Ramona Golz
15. September 2021

Der vergangene Sommer hat uns mit Flutkatastrophen, Hitzewellen und Waldbränden die Auswirkungen des Klimawandels einmal mehr schmerzhaft ins Gedächtnis gerufen. Auf der politischen Agenda ist der Klimaschutz weit oben angekommen. Auch der Kampf für Diversität und Geschlechtergerechtigkeit und gegen Korruption wird in Politik und Medien ausführlich geführt.

Im Finanzbereich beschäftigen sich institutionelle Investoren bereits seit den frühen 2000er-Jahren systematisch mit den Risiken, aber auch Chancen, die sich aus dem Thema Nachhaltigkeit ergeben. Mittlerweile hat sich dafür das griffige Kürzel „ESG“ etabliert. Die meisten Private Equity-Fondsmanager haben sich lange Zeit nur wenig um das Thema gekümmert. Seit gut zwei Jahren sehen wir nun aber ein ernsthaftes Umdenken – auf breiter Front…

ESG – was heißt das?
Das Kürzel ESG leitet sich aus dem Englischen ab und steht für „Environmental“ (Umwelt), „Social“ (Soziales) und „Governance“ (verantwortungsvolle Unternehmensführung). Ganz wertneutral bedeutet dies, dass sich Investoren einen Überblick über die „Auswirkungen“ ihrer Kapitalanlagen verschaffen. Bei einer Unternehmensbeteiligung geht es im ersten Schritt darum, wesentliche negative Konsequenzen des Wirtschaftens zu identifizieren und zu quantifizieren.

Typische Fragestellungen sind (kleine illustrative Auswahl von Punkten):
• Umwelt: Welche CO²-Emmissionen oder giftigen Abwässer verursacht ein Unternehmen? Wie energieeffizient wird produziert?
• Soziales: Wie wird Arbeitssicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter garantiert? Wie ist es um Diversität und Frauenquote bei Belegschaft und im Management bestellt?
• Unternehmensführung: Gibt es Korruptionsfälle im Unternehmen? Wie werden Reputationsrisiken möglichst ausgeschlossen?

Bis dato hat sich noch kein einheitlicher Standard etabliert, welche ESG-Fragen und Kriterien geprüft werden sollten und wie sie ggf. zu bewerten sind. Die meisten Investoren und Fondsmanagern arbeiten deshalb mit selbst-entwickelten Regelwerken oder orientieren sich an Vorgaben spezialisierter Non-Profit Organisationen (z.B. dem SASB Sustainability Accounting Standards Board oder der GRI Global Reporting Initiative). Zumindest für den Bereich Umwelt- und Klimaschutz zeichnen sich nun schärfere Konturen ab – hier hat die Europäische Union für 2022 die Einführung ihrer sog. „Klimataxonomie“ angekündigt.

Wo steht die Private Equity-Branche heute?
Bereits 2006 haben die Vereinten Nationen (UN) die sog. „Prinzipien für nachhaltiges Investieren“ (engl.: PRI Principles of Responsible Investments) ins Leben gerufen. Hierbei handelt es sich um eine Selbstverpflichtung für institutionelle Investoren und Fondsmanager, ESG-Faktoren bei ihrer Investitionsentscheidung und dem Asset Management „einzubeziehen“. Aktuell haben fast 4.000 Organisationen die PRI-Prinzipien unterzeichnet, darunter fast alle namhaften Private Equity-Manager.

Abgesehen von diesem klaren Commitment der Private Equity-Branche, sehen wir noch immer ein sehr unterschiedliches „Ambitionsniveau“ der einzelnen GPs. Die Erzielung einer möglichst hohen Rendite und die Erreichung von ESG-Zielen widersprechen sich in der Praxis leider häufig. Fondsmanager müssen sich also „positionieren“ und für ihre Fonds die richtige Balance finden. Das Herangehen an das Thema „Nachhaltigkeit“ lässt sich grob in vier Stufen charakterisieren.

Mindeststandard im Private Equity-Bereich ist die Definition von Ausschlüssen („Stufe 1“) – in umstrittene Branchen wie z.B. Atomenergie oder Rüstung wird nicht investiert, auch wenn hier attraktive Renditen winken würden.

Mittlerweile marktüblich ist, dass Fondsmanager ein aktives ESG Risiko-Management betreiben („Stufe 2“) – ESG-Risiken werden identifiziert, gemessen und berichtet. Der aktive „Abbau“ dieser Risiken steht für den Fondsmanager aber nicht im Fokus. Für die Fondsinvestoren wird aber zumindest Transparenz geschaffen.

Wer sicher gehen möchte, dass der Fondsmanager mit seiner Investition tatsächlich die Situation von Umwelt, Sozialem oder der Unternehmensführung aktiv verbessert, muss auf sog. Impact Investing-Fonds („Stufe 3“) abstellen – diese setzen neben die Renditeerzielung auch ganz klar den Fokus auf Maßnahmen zum Umweltschutz, Arbeitsschutz, etc. Laut einer Analyse des Private Equity-Datenbank PitchBook sind zurzeit aber noch weniger als 5% der neu aufgelegten Fonds dieser Kategorie zuzuordnen.

Philantropische“ Investoren, die vor allem Gutes tun wollen, finden heute im Private Equity-Bereich noch kein Angebot an entsprechenden geschlossenen Fonds – hier bleibt nur die selektive Beteiligung an einzelnen Deals oder Finanzierungen.

Laut einer Offenlegungsverordnung der EU müssen Fondsmanager seit dem 10. März dieses Jahres für alle neu aufgelegten Fonds erklären, ob sie hier nachhaltige Prinzipien umsetzen (d.h. ob sie mindestens ein Ambitionsniveau auf Stufe 2 erreichen). Ab 2022 werden diese Regularien weiter verschärft – dann muss verbindlich erklärt werden, welches genaue ESG-Ambitionsniveau für einen Fonds angestrebt wird.

ESG bei Circle Eleven
Alle von der Circle Eleven investierten Zielfonds erreichen mindestens „Stufe 2“, d.h. sie betreiben ein aktives ESG Risikomanagement. Einzelne Fondsmanager entwickeln ihr Angebot aktiv in Richtung „Impact Investing“. Unser Fondsmanager Polaris z.B. hat sich ein ambitioniertes ESG-Rahmenwerk gesetzt und verpflichtet sich, alle Portfoliounternehmen während der Haltedauer in den Dimensionen Klimaschutz, Geschlechtergerechtigkeit und gutes Arbeitsumfeld positiv voranzubringen.
In unsere Due Diligence eines Private Equity-Fonds beziehen wir das ESG-Thema schon seit längerer Zeit ein. Im Wesentlichen beurteilen wir immer drei „Ebenen“:

  1. Den Fondsmanager selbst: wie „ernsthaft“ ist das ESG-Thema in der Organisation verankert? Indikatoren können hier z.B. sein, ob der Fondsmanager Unterzeichner der PRI-Prinzipien ist, ob er für sich ein verbindliches internes ESG-Regelwerk verabschiedet hat und ob er einen Mitarbeiter als ESG-„Officer“ benannt hat
  2. Den Investment-Prozess: fließen ESG-Faktoren systematisch bei der Investitionsentscheidung zu einzelnen Portfoliounternehmen ein? Hier beurteilen wir, welche ESG-Kriterien ein Fondsmanager bei seiner Investitionsentscheidung ansetzt und ob er ggf. mit Ausschlüssen arbeitet
  3. Das Portfolio-Management: welche Wichtigkeit haben ESG-Ziele bei der Entwicklung eines Unternehmens während der Haltedauer? Kernfrage hier ist, welchen „Schwerpunkt“ der Fondsmanager zwischen finanzieller Rendite und der Erreichung von ESG-Zielen wählt und wie er konkret die Umsetzung von ESG-Zielen vorantreibt und kontrolliert

Auch in Zukunft wollen wir Ihnen Fonds aus unterschiedlichen ESG-Ambitionsstufen vorstellen, möchten aber gleichzeitig für Sie mehr Transparenz zu diesem Thema schaffen. Wir werden deshalb ab sofort bei jeder Fondsvorstellung unsere Einschätzung zum Thema „ESG“ als eigenständige Kategorie präsentieren (neben z.B. der Analyse von historischer Perfomance und Investmentstrategie). Damit haben Sie dann die Möglichkeit auch in der Dimension „Nachhaltigkeit“ zukünftig die gewünschten Akzente in ihrem Private Equity-Portfolio zu setzen!

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Was wir dazu lasen
  • Navigating Private Markets in 2023 Von Adams Street Partners
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Ramona Golz
Ramona Golz

Partnerin, Fondsmanagement / Qualitäts- und Risikomanagement

Seit 2020 verantwortet Ramona das Fondsmanagement, sowie das Qualitäts- & Risikomanagement von Circle Eleven. Von 2010 bis 2020 war Sie beim Multi-Family Office Kontora Partnerin und Geschäftsführerin der hausinternen KVG tätig. Zuvor arbeitete Ramona bei der HSH Nordbank und bei der Blue Capital-Gruppe in der Strukturierung von Private Equity-Fonds.

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