Ronald Ayles ist Managing Partner bei Advent International und leitet die weltweite Chemicals & Materials-Practice von Advent. In dieser Funktion verantwortet er einige der vielversprechenden Advent-Deals – aktuell z.B. Caldic (Anbieter von Life-Sciences- und Spezialchemie-Lösungen), Röhm (Hersteller von Methacrylat, u.a. für die Automobil- und Baubranche, Ausgründung aus Evonik) und DSM Engineering Materials (Hersteller von technischen Hochleistungswerkstoffen, Joint Venture mit der LANXESS AG). Ron Ayles ist seit 2005 bei Advent tätig. Davor war er über zehn Jahre beim deutschen Spezialchemieunternehmen Degussa AG und hat die Chemicals-Practice für den Londoner Beteiligungsmanager 3i aufgebaut.
Ronald Ayles im Gespräch mit Alexander Binz und Kevin Gruber
Herr Ayles – Ihnen steht zweifellos der Titel „Urgestein der Krawatten-losen Private Equity-Industrie“ in Deutschland zu. Nicht nur in dieser Hinsicht waren sie schon vor zwanzig Jahren ein „Pionier“ in diesem Segment. Was hat Sie damals bewogen, in das Beteiligungsgeschäft zu wechseln?
Ich bin nicht der „typische“ Private Equity-Mensch. Ich komme ursprünglich aus der deutschen Chemie-Industrie und habe dort sogar eine Lehre vor dem Studium gemacht. Nach dem Studium bin ich dann zurückgekehrt und habe über zehn Jahre bei der Degussa AG in verschiedenen Rollen gearbeitet. Ich bin dann 2000 in das Private Equity-Geschäft gewechselt, als das noch eine sehr kleine „Nische“ war. Neben dem unternehmerischen Freiraum hatte ich den Wunsch, transformative Prozesse zu begleiten. Ich war immer sehr inhaltlich getrieben und wollte mich deshalb auch auf eine Industrie fokussieren. Es wird immer wichtiger, den Zugang und die Erfahrung zu einer bestimmten Branche zu haben und sich so die Reputation über ganz viele Jahre aufzubauen.
Hat sich an dieser anfänglichen Motivation bis heute etwas geändert?
Nein. Mich treibt nach wie vor die Freiheit zu „Gestalten“, auch außerhalb des „Public Eyes“. Wir stoßen bei unseren Portfoliounternehmen große Transformationsprozesse an und formen zum Beispiel aus Rand-Aktivitäten in der chemischen Industrie globale Champions – mit Geduld und strategischem Weitblick. Das Arbeiten mit den Firmen und langfristig etwas aufzubauen, macht mir großen Spaß!
Advent International überzeugt seit vielen Fondsgenerationen mit Top-Performance. Was ist das Geheimnis von Advent?
Der Hauptgrund ist unsere Kultur – weil wir sehr partnerschaftlich agieren. Es gibt kein CEO-Modell, es gibt kein „Headquarter“ – die Partner fühlen sich alle als vollwertige Partner und „Teilhaber“. Das macht die Entscheidungsprozesse manchmal etwas langsamer, aber wir behalten die besten Talente und „Unternehmer“ langfristig und erreichen eine beeindruckende Team-Stabilität. Zudem haben wir die Firma schon früh gut globalisiert und damit auch diversifiziert.
Nach unserer Beobachtung laufen mittlerweile die meisten Private Equity-Deals über klassische Auktionen. Gibt es bei Ihnen noch Situationen, in denen Sie Deals wirklich „proprietär“ (also in einem exklusiven Akquisitionsprozess) durchgeführt haben?
Im Chemie-Sektor – und darüber kann ich natürlich am besten sprechen – ist uns das in letzter Zeit mehrfach gelungen. So war beispielsweise das Joint Venture mit LANXESS zur Übernahme von DSM eine proprietäre Struktur. Auch den Merger von Caldic mit der in Asien tätigen Connell haben wir mit den Connell-Besitzern – der Familien-geführten Wilbur-Ellis-Gruppe – exklusiv verhandelt. Das gelingt Ihnen nur, wenn sie einen unglaublichen „Tiefgang“ innerhalb einer Industrie haben – der klare Sektor-Fokus ist ein riesiger Wettbewerbsvorteil für uns.
Welche Rolle spielt das Thema Finanzierung aktuell bei Private Equity-Deals?
Ich finde das Ganze, was gerade passiert, sehr gesund: die Preise normalisieren sich und die Leute sehen auch wieder die „Downside“. Das ist eine gute Erziehung für die jungen Kollegen, die noch nie eine Krise „erlebt“ haben. Jetzt kommt wieder die Erfahrung zum Tragen – sie müssen viel stärker darauf schauen, wo sich Synergien heben und Transformationsprozesse anstoßen lassen. Auch eine enge Partnerschaft mit den Verkäufern – oftmals Familien, die stark an ihrem Unternehmen hängen – ist in vielen Transaktionen unerlässlich. Die geringere Verfügbarkeit von Fremdkapital zwingt noch viel mehr dazu, „kreative“ Deals zu machen. Nur kaufen, Leverage draufzupacken und später nach einigem Cost Cutting wieder zu verkaufen, funktioniert in der Industrie ohnehin schon lange nicht mehr.
Was bedeutet das alles für zukünftige Renditen in der Anlageklasse?
Die Branche hat in den vergangenen 30 Jahren zweifellos von den immer weiter sinkenden Zinsen profitiert. Das hat sowohl die Renditen am Aktienmarkt als auch die Private Equity-Renditen unterstützt. Während der ganzen Zeit hat Private Equity die Aktienmärkte aber signifikant outperformed. Hier machen sich die Vorteile bezahlt, dass man die Bilanz anders nutzen kann, und dass man Restrukturierungs- und Repositionierungs-Prozesse außerhalb einer „Public Company“ durchführen kann. Diese Vorteile bestehen weiterhin und sollten auch in Zukunft eine deutliche Überrendite gegenüber Aktien sichern. Zumindest für Advent kann ich auch sagen, dass sich unser Ambitionsniveau und die Renditeerwartungen nicht geändert haben.
Vor welchen Herausforderungen steht die Private Equity-Industrie in der Zukunft?
Wir erleben seit Jahren ein enormes Wachstum der Private Equity-Anlageklasse und das führt bei den Fondsmanagern zu Herausforderungen: der Kapitalzufluss führt zu größeren Fonds und damit auch zu wachsenden Teams. Dadurch entsteht regelmäßig mehr Komplexität, die auch gemanagt werden muss. Auf einmal werden Deals mit mehr Arbeitsteilung durchgeführt und neue Mitarbeiter müssen sich spezialisieren. Neue Talente müssen entsprechend entwickelt und an das Geschäft herangeführt werden – sie müssen sich sozusagen „in die Maschine“ einfügen.
Aus Marktsicht wird es immer wichtiger, für jeden Deal ein ganz klares Konzept zu haben, was man mit dem übernommenen Unternehmen erreichen will, z.B. Konsolidierung, globales Setup – diese „Microthese“ ist heute absolut zentral.
Aktuell erleben wir, dass sowohl auf der Investitions- als auch Exit-Seite der Markt „sehr schleppend“ läuft. Ab wann rechnen Sie mit einer Rückkehr „zur Normalität“?
Das Bild ist für mich in etwa vergleichbar mit den letzten Krisen. Im Run-up zur Krise sehen sie sehr viele Exits und dann den Einbruch – im Mittel gleicht sich das dann ungefähr aus. Die Preise brauchen immer etwas Zeit, bis sie sich normalisiert haben – das sehen wir aktuell. Nach der Rezession wird es dann einen großen Eigenkapitalbedarf geben. Ich denke, dass wir in den nächsten 12-18 Monaten wieder zum üblichen Niveau zurückkehren dürften. Speziell für Advent mache ich mir keine Sorgen – wir sind gut aufgestellt mit einem soliden Portfolio!
Herr Ayles, herzlichen Dank für das Gespräch!
Case Study „Caldic“
Steigende Zinsen und eine vorsichtigere Kreditvergabepolitik der Banken haben die Fremdfinanzierungskosten für Buyout-Deals in den vergangenen Quartalen stark erhöht. Die höheren Kosten werden durch die sinkenden Kaufpreise für Unternehmen nur teilweise kompensiert. Viele Fondsmanager haben deshalb die Eigenkapitalquoten bei Firmenübernahmen zuletzt deutlich erhöht – oder gehen gleich „kreative“ Wege, wie Advent International bei Caldic.
Dazu wurde das holländische Chemiedistributionsunternehmen von Advent mit dem etwa halb so großen US-Unternehmen Connell – einer Tochter des Familienkonzerns Wilbur-Ellis – fusioniert. Das neue Unternehmen ist nun global vertreten und kommt auf einen Umsatz von rund USD 3 Mrd. Durch den Zusammenschluss lassen sich signifikante Synergien heben und die gemeinsame „Plattform“ ist nun optimal für zusätzliches Wachstum aufgestellt. Ein Kapitaleinsatz war nicht nötig – Wilbur-Ellis bleibt als Minderheitsgesellschafter „mit im Boot“.
Quelle: Circle Eleven Research auf Basis des Börsenzeitungs-Artikels „Private Equity ohne Fremdkapitalhebel“
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Partner / Investor, Business Development
Mit über 20 Jahren Erfahrung in der Private Equity-Industrie ist Alexander einer der erfahrensten PE-Professionals im deutschsprachigen Raum. Er war zunächst als Geschäftsführer der Blue Capital-Gruppe und ab 2008 als Partner des Dachfondsmanagers von Braun & Schreiber Private Equity Partners tätig. Seit der Gründung von Circle Eleven im Jahr 2014 verantwortet er als Geschäftsführer den Bereich Business Development.
Partner, Research / Asset Management
Bei Circle Eleven ist Kevin für die Bereiche Research & IT sowie Asset Management verantwortlich. Er startete seine Karriere 2001 bei der Strategieberatung Oliver Wyman und wechselte 2007 als Head of Research & IT zum Münchener Private Equity-Dachfondsmanager von Braun & Schreiber. Ab 2015 war er Geschäftsführer des PE-Fintechs Asset Metrix. 2020 ist Kevin als Partner zur Circle Eleven gestoßen.
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