10. Mai 2021

Die optimale Private Equity-Portfolioplanung

Private Equity erfreut die investierten Anleger seit über 40 Jahren verlässlich mit positiven zweistelligen Renditen und einer signifikanten Überperformance zu Aktien. Gleichzeitig weist die Anlageklasse aber auch einige Besonderheiten auf, die es nicht ganz einfach machen, das eigene Private Equity-Portfolio systematisch aufzubauen und zu „steuern“. Ein wesentliches Thema: die sogenannte „J-Curve“.

Die J-Curve und ihre Auswirkungen
Der klassische Private Equity-Fonds hat eine Fondslaufzeit von 12 Jahren. In den ersten fünf Jahren wird sukzessive in Portfoliounternehmen investiert (und parallel dazu Kapital von den Investoren abgerufen). Ungefähr ab dem dritten Jahr erfolgen oft die ersten „Exits“ (und damit auch Ausschüttungen an die Investoren). Weil bereits erste Ausschüttungen fließen, während noch Kapital abgerufen wird, ruft – aus Netto-Sicht – de facto kaum ein Fonds mehr als 90% des Commitments von seinen Investoren ab. Laut unserer Analyse historischer Cashflow-Profile von über 2.400 Fonds erreicht das Gros der Vehikel einen maximalen Netto-Abruf zwischen 50% und 75% des Commitments.

J-Curve1

Für Investoren bedeutet das: wird nur in einen einzelnen Zielfonds investiert und sollen z.B. €300.000 „zum Arbeiten“ gebracht werden, dann reicht ein Commitment von €300.000 nicht aus. Stattdessen müssten mindestens €400.000 (= €300.000 / 75%) gezeichnet werden.

Der Portfolioaufbau
Soll ein Portfolio von Private Equity-Fonds über einen gewissen Zeitraum aufgebaut werden, wird die Betrachtung etwas komplexer. Jetzt überlagern sich die Zahlungsströme einzelner Zielfonds – während die „frisch“ gezeichneten Fonds gerade mit Kapitalabrufen beginnen, fließen von reiferen Fonds bereits erste Ausschüttungen. Dadurch wird im Schnitt ein noch geringerer Betrag der gesamten Zielfonds-Commitments abgerufen:

  • Wird ein bestimmter Commitmentrahmen über 2,5 Jahre verteilt auf mehrere Zielfonds allokiert (wie zum Beispiel bei den Circle Eleven-Programmen vorgesehen), dann ist mit einem maximalen Netto-Abruf im Bereich von 45% bis 70% zu rechnen.
  • Wird der Commitmentrahmen verteilt über 5 Jahre auf mehrere Zielfonds allokiert, vermindert sich der maximale Netto-Abruf weiter auf ca. 40% bis 65%. Um in diesem Fall z.B. €1.000.000 voll „auszulasten“, müssten mindestens €1.540.000 (= €1.000.000 / 65%) gezeichnet werden.

Das Steady-State Portfolio
Ab einem Portfolioalter von ca. sieben Jahren und einer Anzahl von 15-20 Zielfonds ist ein Private Equity-Programm weitgehend „eingeschwungen“. Jetzt übersteigen typischerweise die Ausschüttungen die Kapitalabrufe. Aus Netto-Sicht muss nun kein zusätzliches Kapital mehr „eingeschossen“ werden.
Stattdessen besteht die Möglichkeit, das Portfolio in einen „Steady-State“ zu „überführen“: auflaufende Überschüsse werden wieder investiert ohne zusätzliches Kapital zuzuführen. Das Portfolio „nährt“ sich selbst und baut weiteren Wert auf – ähnlich zu einem thesaurierenden Aktienfonds.

Zeichnungsstopp nach 7 Jahren – das Portfolio schüttet aus…

J-Curve2

Reinvestition der Überschüsse ab Jahr 8 – das Portfolio baut weiteren Wert auf („Steady State“)…

J-Curve3

Im illustrierten Beispiel lässt sich bei ungefähr gleicher maximaler Kapitalbindung von gut €800.000 durch die Reinvestition über vier Jahre der erwartete Ausschüttungsbetrag mehr als verdoppeln. Allerdings: die letzten Ausschüttungen verschieben sich weiter in die Zukunft.

Anmerkung
Die hier dargestellten Modellrechnungen basieren auf der statistischen Analyse der Cashflowprofile von Zielfonds seit dem Auflagejahr 1980. In diesem „Sample“ haben sich die Abruf- und Ausschüttungsmuster als erstaunlich „robust“ erwiesen. Trotzdem ist das keine Garantie, dass sich heute neu gezeichnete Fonds wieder genau an diese Muster „halten“ werden. Statistische Modelle sind ein probates Hilfsmittel für die eigene Portfolioplanung, müssen aber immer durch eigene Meinung und ggf. Beratung ergänzt werden!