Strategische Asset Allokation
Eine Frage sollte sich jeder Investor stellen, nämlich die nach seiner passenden strategischen Asset Allokation: wie soll das verfügbare Vermögen langfristig auf die unterschiedlichen Anlageklassen – also vor allem auf Aktien, Anleihen/Cash, Immobilien und „Alternatives“ (Private Equity, evtl. Infrastruktur, Private Debt) – aufgeteilt werden?
Eine sinnvolle Ziel-Allokation muss jeder Investor individuell für sich festlegen. Sie hängt unter anderem von Faktoren wie dem persönlichen Anlageziel/-horizont, der Risikobereitschaft und dem Liquiditätsbedarf ab. Im ersten Schritt hilft ein Vergleich mit großen institutionellen Investoren wie Pensionsfonds und erfahrenen Single Family Offices. Diese allokieren schon seit einigen Jahren rund die Hälfte des verwalteten Vermögens in Unternehmensbeteiligungen, also Aktien und Private Equity (siehe UBS Global Family Office Report 2024).
FRAGE: Welche Private Equity-Allokation sollte ich anstreben?
Die „optimale“ Allokation für das eigene Portfolio muss unter Berücksichtigung diverser Faktoren abgeleitet werden. Erfahrene Family Offices fühlen sich mit einer Zielallokation für Private Equity-Investments in Höhe von 20-25% des Gesamtvermögens wohl – dies stellt auch eine sinnvolle Richtgröße für vermögende Privatinvestoren dar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Zielallokation auf das „wirklich arbeitende“ Kapital bezieht, also bei Private Equity auf den Nettoinventarwert (sog. NAV) der Fonds. Bei Neueinstieg in die Anlageklasse baut sich dieser Wert erst sukzessive auf und die angestrebte Zielallokation kann entsprechend erst nach einigen Jahren erreicht werden.
Grafik 1 – Strategische Asset Allokation großer Single Family Offices
Quelle: UBS Global Family Office Report 2024
FRAGE: Sollte ich meine Private Equity-Quote nicht am besten vollständig mit Direktinvestments abdecken?
Eine Private Equity-Direktinvestition, d.h. die Beteiligung an einem einzelnen Unternehmen, bietet den Vorteil, dass sich Gebühren für den Fondsmanager einsparen lassen. Allerdings ist hier das Risiko für Verluste – bis hin zum Totalverlust des Einsatzes – signifikant hoch (siehe Grafik 2). Zusätzlich kommt es auf den „Investitionsmodus“ bei einer Direktinvestition an: bei einer Mehrheitsbeteiligung müssen die Geschicke des Unternehmens „selbst gelenkt werden“ – der Managementaufwand ist entsprechend hoch; bei einem passiven Co-Investment ist dagegen der eigene Einfluss oft sehr gering, die Illiquidität dagegen am höchsten.
Üblicher Zugangsweg zur Anlageklasse Private Equity ist für die meisten semi-institutionellen Investoren deshalb der Aufbau eines Portfolios aus Zielfondsbeteiligungen, mit dem schnell ein hoher Diversifikationsgrad erreicht wird. Hier können bei größeren Vermögen dann punktuell gut selektierte Co-Investments beigemischt werden.
Grafik 2 – Diversifikationseffekt bei Private Equity-Investitionen
* Wahrscheinlichkeit, nach allen Kosten nicht mindestens das eingesetzte Kapital zurückzuerhalten
Quelle: Circle Eleven Research, von Braun & Schreiber PE Partners
FRAGE: Warum kann ich meine gesamte Quote für Unternehmensbeteiligungen nicht einfach mit liquiden Investments (also Aktien) abdecken?
Der größte Vorteil – und in manchen Situationen auch die größte Schwäche – von Aktien und Aktien-ETFs ist ihre tägliche Handelbarkeit. Diese hohe „Liquidität“ verlockt viele Anleger zu dem Versuch, den Markt aktiv „zu timen“. Studien zeigen allerdings, dass selbst professionelle institutionelle Investoren am Aktienmarkt häufig stark prozyklisch handeln, d.h. sie kaufen tendenziell zu teuer und verkaufen zu niedrigen Kursen.
Wer Ruhe und Stabilität für sein Portfolio sucht und sich zumindest teilweise von den manchmal irratonalen Aktienmärkten entkoppeln möchte, kommt an Private Equity nicht vorbei. Private Equity ist vom Ansatz her ein „Langstreckenlauf“. Bei Zeichnung eines Zielfonds vertraut man dem Fondsmanager sein Geld für zehn Jahre oder länger an. Das jeweils abgerufene Kapital ist in dieser Zeit nicht verfügbar. Unter anderem für diese Illiquidität gibt es aber eine „Vergütung“ des Marktes. So hat ein Private Equity-Engagement in den vergangenen 30 Jahren im Schnitt den Aktienmarkt um über 4% p.a. geschlagen (siehe Grafik 3).
Grafik 3 – Historische Renditen (1993-2023)
Quelle: Circle Eleven Research, Datenbasis: MSCI, PREQIN
Verfügbare Liquidität
Beim Aufbau eines Private Equity-Zielfondsportfolios müssen Sie anfänglich nur einen kleinen Teil der gesamten Kapitalzusage wirklich als „Cash“ vorhalten. Jeder einzelne Private Equity-Zielfonds ruft sein Kapital je nach Investitionsfortschritt verteilt über seine Investitionsperiode (in der Regel fünf Jahre) ab. Baut man das Zielfonds-Portfolio im Rahmen des Circle Eleven Co-Invest-Programms auf (Zeichnung von insgesamt zehn Zielfonds über eine Periode von 2,5 Jahren), dann streckt sich diese Abrufperiode noch weiter. Oft fließen dann schon erste Ausschüttungen einzelner Zielfonds, während andere Fonds noch abrufen. Der vom Anleger netto aufzubringende „Einsatz“ bleibt deutlich unterhalb der ursprünglichen Kapitalzusage.
Aus der Cashflow-Entwicklung der ersten vier Circle Eleven Co-Invest-Programme (siehe Grafik 4) lässt sich eine einfache und robuste Regel für die vorzuhaltende Liquidität ableiten:
- Im ersten Jahr ab Zeichnung werden maximal 20% der Kapitalzusage als Cash benötigt
- Im zweiten Jahr sollte kumuliert mit Abrufen bis zu 40% der Kapitalzusage gerechnet werden, im dritten Jahr dann mit 60% und im vierten Jahr mit 80% – damit sollte in der Regel dann die maximale Kapitalbindung des Programms erreicht sein
- Ggf. darüber hinausgehende, für das Private Equity-Programm disponierte Liquidität, kann z.B. als Festgeld geparkt werden
Grafik 4 – Netto-Kapitalbindung der Circle Eleven-Programme*
* Kumulative Cashflow-Entwicklung ab Zeichnung; Annahme: Kapitalzusage von €500.000, pro-rata allokiert auf alle zehn vorgestellten Zielfonds; Darstellung der CE Fonds KG nur für die ersten sieben Jahre der Laufzeit – das Programm hat mittlerweile das eingezahlte Kapital vollständig zurückgeführt und steht bei einem Netto-DPI von 1,16x
Quelle: Circle Eleven
Timing
Viele Anleger allokieren ihr Private Equity-„Budget“ schnell in Zielfonds von einem oder zwei Auflagejahren und wollen dann „erst mal auf Rückflüsse“ warten. Dieser Ansatz ist aus zwei Gründen nicht empfehlenswert:
1. Die Performance von Private Equity-Fonds variiert stark nach Auflagejahren (siehe Grafik 5). Wer beispielsweise sein Geld in durchschnittliche Zielfonds der Auflagejahre 2005 bis 2007 gesteckt hat, konnte damit knapp 9% jährliche Rendite erzielen. Mit einer Allokation in 2008 bis 2010 wurden im Schnitt 12% erzielt und 2011 bis 2013 immerhin 15%. Weil ein proaktives Timing – ähnlich wie am Aktienmarkt – kaum erfolgversprechend ist, empfiehlt sich das konstante Investieren, ggf. eben mit etwas kleineren Beträgen pro Jahr.
2. Ziel von vielen Anlegern ist ein sog. „Steady-State-Portfolio“ – hier reichen im eingeschwungenen Zustand nach einigen Jahren die Ausschüttungen der älteren Zielfonds aus, um die Kapitalabrufe der jüngeren Fonds zu bedienen. Der Steady-State ist allerdings nur erreichbar, wenn beim Portfolioaufbau zeitlich keine „Lücken“ entstehen. Ansonsten fehlen in gewissen Zeitperioden ggf. Ausschüttungen, um neue Fonds „einzahlen“ zu können.
In der empirischen Analyse überzeugen kontinuierlich aufgebaute Private Equity-Portfolien im Vergleich zu einer „zyklischen“ Allokation durch deutlich höhere Diversifikation, geringere Renditerisiken und ausgeglichene und besser planbare Cashflow-Verläufe.
Quelle: PitchBook Benchmarks per 31.12.2023
Frage: Bin ich evtl. zu alt für ein langlaufendes Private Equity-Engagement?
Die Frage, ob man sich (noch) mit einem neuen Private Equity-Engagement „binden“ sollte, ist natürlich in jedem einzelnen Fall zu betrachten. Generell gilt aber: ein eingeschwungenes Private Equity-Zielfondsportfolio ist gut geeignet für eine steueroptimierte Vermögensübertragung an die folgende Generation – auch im Erbfall.
Bei Übertragungen bildet der Nettoinventarwert (sog. NAV) der Zielfonds die Basis zur Bestimmung des Steuerwerts. Davon ausgehend bestehen bei der Bewertung der Position deutliche wertmindernde Gestaltungsspielräume, die die Besonderheit von Private Equity-Beteiligungen berücksichtigen (vor allem in Bezug auf die Illiquidität und beschränkte Übertragbarkeit von Fondsanteilen) – in der Regel zum Vorteil der Steuerpflichtigen (konkrete Details der möglichen Nachfolgeregelung sollten immer mit dem Steuerberater besprochen werden!).
Zudem gilt: auch alle anderen höher rentierlichen Anlageklassen haben entweder einen mittel- bis langfristigen Charakter (wie Immobilien und Infrastrukturinvestments) oder unterliegen hohen Wertschwankungsrisiken (wie Aktien)…
Fazit
Private Equity ist eine hoch-rentierliche Anlageklasse, die viel Stabilität in das eigene Portfolio bringen kann. Dabei ist es aber wichtig, sich über die Besonderheiten – insbesondere die sukzessiven Kapitalabrufe (und dann Ausschüttungen) und die lange Kapitalbindung – im Klaren zu sein. Schon bei Investitionsstart sollte man sein Programm so auslegen, dass ein konstantes Allokieren auch über die ersten, ausschüttungsfreien Jahre hinweg durchgehalten werden kann.
Gerne sprechen wir gemeinsam über Ihren individuellen Zugang zu Private Equity-Fonds!
Partner, Research / Asset Management
Bei Circle Eleven ist Kevin für die Bereiche Research & IT sowie Asset Management verantwortlich. Er startete seine Karriere 2001 bei der Strategieberatung Oliver Wyman und wechselte 2007 als Head of Research & IT zum Münchener Private Equity-Dachfondsmanager von Braun & Schreiber. Ab 2015 war er Geschäftsführer des PE-Fintechs Asset Metrix. 2020 ist Kevin als Partner zur Circle Eleven gestoßen.
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